2016-11-01

Réunion-Südafrika

1.11. -19.11 2016

Dienstag, 1. November 2016: unterwegs nach Südafrika, 1.Tag
Es ist 8h30 als wir die Marina Les Galets in Le Port, La Réunion verlassen. Dominique und Vincent verlassen etwa 1½Stunden vor uns die Marina um auch nach Südafrika, nach Durban, zu segeln. Am Anfang können wir bei wunderbarem Sonnenschein sehr gut segeln. Die norwegische "Det Gode Liv" fährt kurz nach uns aus der Marina, überholt uns aber im Laufe des Tages. Sie ist viel grösser als wir und hat vier Segel, wir haben nur zwei. Am Nachmittag schwächelt der Wind immer mehr und um 16h40 müssen wir den Motor anschmeissen. Nachts hat es eine winzige, goldene Mondsichel am Himmel und Millionen von Sternen. Im Wasser links und rechts vom Bug glänzen weissglühende Leuchtpunkte. Einfach nur schööön! Unser AIS macht ständig Alarm, weil die Norweger so nah an uns sind.
Der 46-jährige Franzose Ludovic hat uns angeboten, uns aus La Réunion, per mails, sicher durch Wind -und Wellen durch den Indischen Ozean, unterhalb Madagaskars, nach Südafrika zu geleiten. Dazu müssen wir ihm jeden Tag die aktuelle Position, unsere Geschwindigkeit und die Wind- und Strömungssituation durchgeben.

Mittwoch, 2. November 2016: unterwegs nach Südafrika 2.Tag 133.8 sm
Das Segeln ist unterschiedlich schnell. Manchmal haben wir guten Wind und die Strömung mit uns, manchmal motorsegeln wir wegen zu wenig Wind und Strömung gegen uns. Nach dem Eindunkeln wetterleuchtet es überall rings um uns. Eine Kaltfront rückt näher an uns heran.

Donnerstag, 3. November 2016: unterwegs nach Südafrika 3.Tag 127,2 sm
Wir sind seit 02h10 im Waschmaschinen-Schleudergang. Die Kaltfront hat uns voll erwischt! Es ist horribel unkomfortabel! Von 16 bis 35 Knoten Wind ist alles dabei, grosse, vielleicht 3m hohe Wellen. Viele davon sausen einfach ungefragt durch unser Cockpit und netzen uns zünftig ein. Im Salon sieht es aus wie nach einer Schlacht. Zu Essen gibt es heute nichts Warmes, nur Brot, das uns Ludovic zum Abschied geschenkt hat, dazu Käse, Schokolade und Früchte. Ausser einer futschen Taschenlampe aus Madagaskar (Made in China), die die Treppe hinuntergefallen ist, geht es uns gut. Der ganze Tag ist grau in grau.

Freitag, 4. November 2016: unterwegs nach Südafrika 4.Tag 120,2 sm
Die Wellen und Strömung bremsen uns zwar aus, aber die Fahrt ist jetzt viel angenehmer, nicht mehr so ruppig. Nachmittags um 16h haben wir "nur" noch ca. 1000 sm (1852km) bis nach Südafrika. Ab jetzt gutes Segeln und kommen gut voran, nicht mehr gegenden Strom. Der ganze Tag ist sonnig bis leicht bewölkt.

Samstag, 5. November 2016: unterwegs nach Südafrika 5.Tag 152,7 sm
Es läuft ganz gut! Unsere 3-Stunden-Wachablösung bewährt sich wieder prima.

Sonntag, 6. November 2016: unterwegs nach Südafrika 6.Tag 133,2 sm
Um 03h15 sehen wir auf dem AIS, dass ein Frachter der nach Singapur fährt, genau auf uns zukommt. Ich rufe ihn mit "MV Unity" lange, lange an, aber keine Antwort. Endlich klappt es doch noch und der Kahn ändert seinen Kurs. Uff, geschafft! Gegen Morgen immer mehr Wind 28-30 Knoten und wir müssen reffen. Inzwischen sind 2 zünftige Wellen durch das Cockpit in den Niedergang bis in den Salon gerauscht. Verd...t! Wieso tun wir uns das eigentlich an? Bis zum Mittagessen habe ich seit 03h15 noch kein Auge voll geschlafen. Gegenstrom und ca. 3m hohe Wellen. Um 16h15 werden wir über Funk von der "Det Gode Liv" gerufen. Grosse Überraschung! Sie sind ca. 7sm hinter uns, und wir dachten, die seien schon fast in Südafrika. Die Norwegerin Trudy (wir kennen sie gar nicht) erzählt mir, dass ihr Skipper heute morgen einen kleinen Unfall hatte. Er hat sich mit einem Topf voll heissem Kaffeewasser am Rücken und einem Bein verbrannt. Aua, das tut weh und wir bedauern das sehr!
Wir können heute den ganzen Tag per Pactor unsere aktuelle Position und die Bedingungen vor Ort nichtan Ludovic senden. Was für ein saublöder Tag!

Montag, 7. November 2016: unterwegs nach Südafrika 7.Tag 119,1 sm
In der Nacht ist alles feucht, klamm, diesig. Nach dem Frühstück mache ich Brot. Wir schleichen im Moment nur so dahin mit 2,6 Knoten Speed, es hat fast keinen Wind, nur die Segel flappen zum Verrücktwerden. Wir müssen motoren. Die Sonne scheint und es ist warm. Wir können per Pactor immer noch nicht senden. Erst gegen 16h30 können wir zum Glück endlich wieder senden. Ludovic braucht doch unbedingt unsere neuste Position, um uns sicher durch Wind und Strömungen zu geleiten. Der ganze Tag ist sonnig und warm. Auch die Nacht ist angenehm warm mit einem sehr hellen ½Mond am Himmel.

Dienstag, 8. November 2016: unterwegs nach Südafrika 8.Tag 117,3 sm
Ich muss heute Nacht zwei Mal grosse Kähne aus dem Weg scheuchen, weil wir sie sonst über den Haufen segeln würden. Der erste um 02h, die "Equinox", ein Mann am Funk. Er ändert sofort seinen Kurs. Er ist unterwegs nach Indien. Jetzt ist zwar Paul's Wache, aber ich muss wegen English speaken an die Funke. Um 04h, das zweite Riesenschiff will nach Singapur, die "Nord Express", eine Frau am Funk. Sie will den Kurs nicht ändern. Also dann halt nicht, aber wir kommen trotzdem aneinander vorbei! Während wir frühstücken, (um 9h) kommen gleich vier Stück solcher Riesenbrocken (Container) links und rechts an uns vorbei. Die sind 300m lang, 46m breit und haben einen Tiefgang von 13,20m. Puhhh, ganz schön beeindruckend! Einer davon qualmt mächtig schwarz aus dem Kamin. Gegen Abend ruft uns Trudy wieder per Funk an. Ihrem Skipper geht es besser, aber sie haben Probleme mit den Wanten (die halten den Mast) und mit der Stromversorgung. Wir bedauern das sehr für sie.

Mittwoch, 9. November 2016: unterwegs nach Südafrika 9.Tag 121,0 sm
Wir motoren seit gestern Abend. Morgens um 08h schreit Paul plötzlich "Delfine!!!" Ich war im tiefsten Schlaf. Es interessiert mich nicht so heftig. Im nächsten Moment bin ich schön wieder weggedämmert. Immerhin hatte ich bis 6h30 Wache und brauche jetzt meinen wohlverdienten Schlaf. Es waren "nur" zwei Delfine, aber die allerersten seit den Malediven.

Donnerstag, 10. November 2016: unterwegs nach Südafrika 10.Tag 127 sm
Morgens gegen 01h erwischt uns eine Kaltfront mit Blitz, Donner, Regen, Wellen und Wind bis 25 Knoten.Nach etwa 3 Stunden ist der Spuk vorbei und es tritt wieder "Normalität" ein. Ludovic teilt uns per Pactor mit, dass wir "slowly, slowly" (langsam, mit ca. 3 Knoten) zu den nächsten Wegpunkten segeln sollen. Das Wetter macht Kapriolen und er möchte uns sicher bis nach Südafrika lotsen. Dafür werden wir einfach ein paar Tage später ankommen.
Alles ist grau in grau, Squalls. Paul hat ein zünftig geschwollenes rechtes Knie und Bein. Noch 378 sm bis Durban. Wir fahren im ZigZag.
Wegen eines sprachlichen Missverständnisses und Datumsunklarheiten zwischen uns und unserem Wetter-und Strömungsguru Ludovic, vertrödeln wir während 12 Stunden kostbare Seemeilen, dabei wäre den ganzen Tag Superwind gewesen. Ab sofort forcieren wir das Tempo.

Freitag, 11.November 2016: unterwegs nach Südafrika 11.Tag 133,8 sm
Seit gestern Abend 20h30 segeln wir wie verrückt (für unser Schiff) mit 6 - 8 Knoten Speed, mit 15 - 25 Knoten Wind. Sehr anstrengendes Rodeoreiten! Es hat enorm viel Berufsschifffahrt, riesige Tanker und Frachter. Die Containerschiffe sehen aus wie schwimmende Hochhäuser. Wir können wieder den ganzen Tag unsere Position nichtan Ludovic senden.

Samstag, 12.November 2016: unterwegs nach Südafrika 12.Tag
Es bläst ein straffer Wind, Paul sieht 40 Knoten auf der Windanzeige und die Wellen werden immer höher. Es ist 12h Südafrika-Zeit. Paul sitzt oben im Cockpit, ich bin unten. Ich halte mich am rechten Handgriff der Niedergangs-Treppe fest und frage Paul irgendetwas nach oben. Eine riesige Welle kommt auf uns zu und in sekundenschnelle ist unser Bimini (das blaue Dach über dem Cockpit) in Fetzen zerrissen. Die MABUHAY legt sich kurz auf die linke Seite und richtet sich sofort wieder auf. Eine gewaltige Masse von Wasser ergiesst sich ins Cockpit und ins Innere des Schiffes. Paul sitzt im Wasser auf dem Boden des Cockpits und mich reisst es vom Handgriff los und schmeisst mich an den Herd und auf den Boden. Ich rapple mich aus dem vielen Wasser wieder auf und mein erster Blick fällt auf mein rechtes Handgelenk: gebrochen! Aber mein erster Gedanke gilt trotzdem der Bilgenpumpe und ich schalte sie sofort an (Paul stellt später fest , dass sie verstopft ist und er pumpt von Hand das Wasser aus der Bilge). Im Schiff ist das absolute Chaos perfekt! Alles, was auf der rechten Seite verstaut war, liegt jetzt links oder auf den Böden im Wasser und zwar überall, im ganzen Schiff. Paul kämpft unterdessen oben mit dem Bimini das wild herumflattert. Eine der Backskisten hat es aufgeschlagen (der Karabinerhaken ist entzwei gerissen) und eine neue Welle ergiesst sich hinein. Ich teile Paul mit, dass ich den Arm gebrochen habe und er schreit: "Neiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"
Ich fange unten im Schiff an, aufzuräumen, ich fische alles was herum schwimmt mit links aus dem Wasser. Die Sauerei ist unvorstellbar! Nach ungefähr 1 Stunde kommt Paul herunter und hilft mir. Aber jetzt ist bei mir die Luft raus und ich kann nicht mehr. Mein Skipper setzt mich an den ruhigsten Platz im Schiff, in die Polsterecke hinter dem Salontisch, wo ich die nächsten 3 Tage sitzen bleibe. Von nun an muss Paul alles ganz alleine machen auf diesem Schiff. Dabei hat er doch selber ein dick geschwollenes Knie und Bein. Er schaut vorbildlich zu mir!

Sonntag, 13.November 2016: unterwegs nach Südafrika 13.Tag 230,0 sm
Wir segeln weiter. Paul muss alleine steuern, reffen und wenden. Wir haben nur noch zwei winzige Stückchen Segel draussen. Nachts schlafen wir beide im Salon auf den Polstern hinter dem Tisch, beide halb sitzend. Paul steht immer wieder auf, um den Kurs zu kontrollieren.
Am Nachmittag rapple ich mich auf und sende via Pactor ein mail an Ludovic, unseren Wetterfrosch in La Réunion, dass ich einen gebrochenen Arm habe. Wir wissen noch nicht, ob wir nach Richards Bay oder nach Durban fahren wollen.

Montag,14.November 2016: unterwegs nach Südafrika 14.Tag 72,0 sm
Wir haben uns für Richards Bay als Ziel entschlossen, weil es näher ist. Ludovic und Mario von der "Mares" fangen an, Hilfe für unsere Ankunft zu organisieren.
Paul will unbedingt, dass ich viel trinke. Aber ich weigere mich! Ich weiss genau, dass das falsch ist, aber ich will so wenig als möglich durch das schwankende Schiff zur Toilette laufen!!!
Seit Samstag Mittag essen wir Crackers und Käse und trinken Fruchtsaft oder Milch. Bei diesem Wellengang getrauen wir uns nicht, zu kochen.
In dieser Nacht schmeissen wir den Motor an, um so schnell als möglich ärztliche Hilfe für mich zu bekommen. Erstaunlicherweise waren und sind Paul und ich von Anfang an sehr ruhig und gefasst. Wir stehen das gemeinsam durch!

Dienstag, 15. November 2016: Richards Bay, Südafrika
Gegen 10h ruft uns die "Sea rescue" (Seerettung) Durban Radio über Kanal 16 auf, wir sollen ihnen unsere genaue Position mitzuteilen. Ich muss mehrere Male mit dem netten Herrn am Funk sprechen bis uns um 11h, ca. 5 Seemeilen von Richards Bay entfernt, das Schlauchboot Nr. 19A entgegenkommt um uns in den Hafen zu geleiten. Noch während der Fahrt steigen ein Arzt und ein Helfer vom N.S.R.I. (National Sea Research Institut) auf die MABUHAY über. Der Arzt Richard (aus Richards Bay) kommt sofort nach unten in den Salon, zu mir. Er wickelt meinen Arm aus dem Eiskühlding (Champagnerkühler) mit dem wir meinen Arm gekühlt haben und stellt auf den ersten Blick fest, dass mein Arm gebrochen ist. Das wusste ich allerdings schon seit vollen drei Tagen! Er findet, wir hätten das mit dem Kühlen prima gemacht und bindet den Kühler sofort wieder ein. Richard trägt einen weissen Helm und einen roten Neoprenanzug. Ich sage ihm, ich hätte noch nie einen Arzt im Neoprenanzug gesehen, was ihn sehr amüsiert. Unterdessen unterhält sich Paul oben im Cockpit mit Jacques, dem Helfer. Paul hat ganz alleine und besonnen schon alles vorbereitet, alle Fender und 4 Leinen montiert, um im Hafen anzulegen. Die Helfer sind sehr professionell und ruhig. Nach gut einer Stunde, genau um 12h Lokalzeit (exact 72 Stunden nach dem Unfall) treffen wir in Richards Bay (Südafrika) ein. Und wir werden schon erwartet. "Mares" mit Mario, der die "Rettungsaktion" in Gang gebracht hat, Esther und Laura, sowie die "Flomaida" mit Dagmar und Christoph, die alle sehr um uns besorgt waren und sind, erwarten uns. Scheinbar ist auch die Zeitung da und ein paar Schaulustige. Ich komme zum ersten Mal seit drei Tagen wieder aus dem Salon ans Tageslicht. Ein Ambulanzfahrzeug steht bereit (Mario sei Dank!) und Paul und ich werden unverzüglich ins ca. 30km entfernte öffentliche Spital von Ngwelezanegefahren. Die Fahrt dauert eine gute ½ Stunde. Paul sitzt vorne neben der Fahrerin Angelique. Bei mir sitzt Kevin und versucht krampfhaft mir während der Fahrt eine Infusionsnadel in den linken Handrücken zu stechen. Er versucht es zweimal und beide Male klappt es nicht. Mann, jetzt habe ich zu meinem gebrochenen rechten Arm auch noch einen dick geschwollenen, sehr schmerzhaften linken Handrücken. Ich komme ohne Infusion im Spital an. Aber sonst war Kevin sehr nett zu mir. Gegen 13h sind wir im staatlichen Krankenhaus Ngwelezane. Angelique kümmert sich rührend um uns. Sie ist Ambulanzfahrerin, um sich das Geld für ihr Studium (Elektroingenieurin) zu verdienen. Im Spital sind wir sofort entsetzt! Es hat hunderte von Schwarzen in der Notaufnahme, die auf Stühlen, Rollstühlen, Betten herumsitzen- oder liegen. Ihre Begleiter haben Wolldecken, Kopfkissen und Essen dabei. Der Anteil an weissen Patienten ist vielleicht 0,5 %! Nachdem wir 283 Rand (19.80 Sfr.) bezahlt haben, (die Einheimischen bezahlen nichts, was ja auch richtig ist), bekomme ich ein Mäppchen mit meiner "Krankengeschichte" ausgehändigt. Dieses Mäppchen muss ich jetzt ständig mit mir herumtragen. Und jetzt geht die grosse Warterei los. Irgendwann gegen 17h schickt man mich zum Röntgen, das ist in zwei Minuten erledigt. Gegen 18h komme ich auf einen Notfallschragen. Eine junge weisse Ärztin sticht mir eine Spritze mit einem Betäubungsmittel mitten in die Bruchstelle. Nach dem das Mittel wirken soll, kommt ein weisser Arzt, Dr. Smith. Zusammen wollen die beiden meine Knochen richten. Der Dr. reisst am Ellbogen wie ein Stier und die Frau an meiner Hand. Und ich schreie wie am Spiess, diese Schmerzen sind unvorstellbar! Und weil es so eindrücklich war, das Ganze nochmals!!! Wieder schreie ich meine ganze Qual laut heraus, dazu stampfe ich mit den Fersen auf das Bett. Ich bin sicher, dass man mich bestimmt im ganzen Spital gehört hat! Danach komme ich in einen elenden Schockzustand und kann, trotz Paul's Beruhigungsversuchen, etwa 15 Minuten nicht mehr aufhören zu schlottern und mit den Zähnen zu klappern. Ich bekomme einen schönen Gips verpasst und Dr. Smith erklärt uns, dass ich operiert werden müsse, sie aber keine Zeit dazu hätten. Ich solle am Donnerstagmorgen um 7h wieder kommen zur Operation. Vom Spital aus ruft uns jemand ein Taxi. Wir warten draussen auf das Taxi. Paul hat nur ein T-Shirt und eine kurze Hose an und friert erbärmlich. Es weht ein kalter unangenehmer Wind. Wir warten ganze 2¼ Stunden auf das Taxi und sind endlich, ziemlich durchgefroren, um 21h15 zurück in der Marina, wo wir sofort an "Flomaida" Bericht erstatten. Gemeinsam mit der "Mares" haben sie auf unsere Rückkehr gewartet. Mario, Esther und Laura sind gerade eben zum Zululand Yacht Club zurück, wo ihr Schiff liegt.

Mittwoch, 16. November 2016: Richards Bay
Wir organisieren endlich eine SIM-Karte und Guthaben für das Handy und bringen Berge von nasser Wäsche in die nahe Wäscherei. Ich lasse mir beim Coiffeur die Haare für 20 Rand (ca. 1.40 Sfr.) waschen. Ah, das tut gut!!! Mario hilft Paul, die MABUHAY von der Einklarierungspier in die TuziGazi Marina zu verlegen. Merci vielmals, Mario! Gegen Abend laufen wir zum Zululand Yachtclub rüber, ca. 30 Minuten Fussweg. Mario, der ja auch unsere "Rettung" organisiert hat, hat für heute Abend 18h einen Besuch bei der N.S.R.I (Seerettungsdienst) arrangiert. Hier sind alle sehr freundlich und man erzählt uns, dass diese "Retter" alles Freiwillige sind, also ohne Bezahlung helfen und sie auf Spenden angewiesen sind. Man zeigt und erklärt uns die beiden Boote die der Verein hat, eines das tolle Schlauchboot 19A, das uns draussen abgeholt hat und das andere ein grosses Rettungs-Schiff, mit dem vorgestern das französische Segelschiff "Papa Jo" während 22 Stunden, wegen kaputtem Ruder und zerrissenen Segeln, abgeschleppt wurde! Das Abschleppseil ist 240m lang! Das war echt ein wirklich interessanter Abend, nochmals Danke Mario!!!

Donnerstag, 17. November 2016: Richards Bay
Heute erscheint in der Zeitung "Zululand Observer" ein grosses, scheussliches Foto von mir und dazu ein Bericht von unserem "Abenteuer":
Es ist 6h30 als ich ganz alleine mit einem Taxi zum Ngwelezane Spital fahre. Ich fahre alleine, weil man in dem Spital stundenlang warten muss, und Paul die Zeit besser für die MABUHAY aufwenden kann. Heute kommt der Schwarze Arbeiter Hebron, der Paul beim Putzen und Aufräumen helfen wird. Kurz nach 7h bin ich im Spital und es hat schon Hunderte von Schwarzen in der Orthopädie, die alle geduldig warten. Ich frage mich durch und muss bei einer Kolonne anstehen um den Blutdruck zu messen. Nun schickt man mich zum Behandlungsraum 41 bis 44. Dort warte auch ich geduldig in der Kolonne, bis ich merke, dass es auch da nur ums Blutdruckmessen geht. Ich frage wieder und komme nun in die richtige Reihe von Stühlen, gefühlte 100 Leute vor mir. Plötzlich kommt eine Krankenschwester und stellt in meiner Krankengeschichte fest, dass ich noch keinen AIDS-Test gemacht habe. Also muss ich zum Room 51 einen AIDS-Test machen lassen. Schweren Herzens verlasse ich meinen eroberten Platz und suche Room 51. Endlich gefunden, sagt mir ein junger Mann in dem kleinen Karbäuschen, ich müsse einen AIDS-Test machen. Und ich sage ihm, dass ich kein AIDS habe! Nix da, der Test muss sein! Und ich wiederhole, dass ich KEIN AIDS habe! Ok, nun schreibt er in meine Mappe: AIDS Test gemacht, negativ!Na also, geht doch!
Ich eile zu meinem verlorenen Stuhlplatz zurück und will schon zuhinterst anschliessen, als der einzige weisse Patient, ausser mir, mich zu sich ruft und mir einen Platz neben sich zuweist. Uff, Glück gehabt, so habe ich "nur" etwa 10 Plätze in der Wartereihe verloren. Nun rückt man immer einen Stuhl voran, mit Mäppchen und Reisetasche, bis ich endlich nach 5 Stunden im Behandlungszimmer ankomme. Bei mir ist das um 12h00. Und dabei habe ich grosses Glück, dass ich von den 4 Zimmern zufällig genau das mit Dr. Ian Smith erwische,der mich gestern so elendiglich gequält hat. Er hat meine Röntgenbilder im Computer und weiss Bescheid. Aber er hat keine gute Nachricht für mich. Er teilt mir mit, sie hätten keine Zeit mich zu operieren und es könne nächste Woche Mittwoch oder Donnerstag werden, bis ich dran käme. Ob ich doch nicht lieber in eine private Klinik gehen möchte? Doch, ich möchte! Also organisiert Dr. Smith sofort telefonisch für mich einen Platz in der privaten Life Garden Clinic in Empangeni. Um 12h 45 bin ich in der Clinic bei Dr. Ragoo und erledige alles, was getan werden muss. An der Reception muss ich zuerst alles bezahlen und dann komme ich in ein 4-er Zimmer, bin aber ganz alleine. Hier sagt man mir, ich müsse meinen Pass und das Portemonnaie an der Reception abgeben, die würden nämlich geklaut, während ich im Operationssaal bin!!! Also dann, wieder zur Reception und zurück ins Zimmer. Ich bekomme irgendeine Droge, damit ich hinüber bin und merke von allem nichts mehr. Von 16h bis 17h werde ich operiert. Vorher habe ich noch telefonisch bei "Mares" Bescheid gesagt, damit sie Paul informieren. Ich habe unser einziges Telefon bei mir. Leider ist ja unser Zweithandy (das mit der Schweizer Nummer) im Salzwasser ertrunken und ich kann Paul nicht erreichen. "Nur" mein rechter Arm wird vom Hals an anästhesiert, ich merke gar nix. An meinem Arm ist die Speiche beim Handgelenk gebrochen und ich bekomme eine etwa 10 cm lange Titanium-Platte mit 8 Schrauben einmontiert. Als die OP beendet ist, fragt mich der nette Inder Dr. Ragoo "how was the operation?" und ich antworte ihm, immer noch total bedusselt mit geschlossenen Augen "You talk a lot!" (Sie sprechen viel!), weil ich ihn ständig quatschen hörte. Alle Anwesenden lachen! Aber gesehen habe ich weder ihn noch seine Assistenten, noch den OP-Saal. Draussen findet ein Riesengewitter statt, ich höre 2 gewaltige Donnerschläge, die mich erzittern lassen.

Freitag, 18. November 2016: Richards Bay
Mit Infusionen und einem aufgehängten Arm verbringe ich eine gute Nacht. Mann oh Mann, bin ich froh, nicht in dem öffentlichen Spital Ngwelezane, in einem 20-er Zimmer oder so zu sein!
Um 5h00 werde ich geweckt. Blutdruckmessen! Danach fragt man mich, ob ich Kaffee oder Tee haben möchte. Ja gerne, Tee. Dann darf ich wieder pennen, bis 8h00, bis das Frühstück kommt: ein wenig Rührei und weisse Böhnchen in roter Sauce (habe ich so bestellt, so muss ich nichts schneiden), dazu ein Toast mit Butter und Kaffee oder Tee. Nach dem Frühstück schlummere ich sofort wieder hinüber. Irgendwann im Laufe des Morgens kommt Dr. Ragoo zur Visite. Er ist ein ganz netter Doktor, ein Inder, aber schon seit Generationen in Südafrika. Zum Mittagessen gibt es Kartoffelpüree, Gemüse und ein Stück Huhn. Zum Dessert ein Joghurt. Zum Abendessen gibt es Kartoffelpüree, Gemüse und ein Stück Huhn. Zum Dessert ein Joghurt. Scheinbar habe ich das zweimal so bestellt. Die Krankenschwester zerschneidet mir beide Male das Huhn. Alles ist gut. Mit dem Joghurt habe ich zu kämpfen. Den Deckel öffne ich mit den Zähnen. Ich habe nur einen grossen Suppenlöffel und der passt nicht in den kleinen Joghurtbecher. Ausserdem kann ich nicht beides halten, den Löffel und den Becher. Also schlappe ich den Joghurt aus dem Becher, wie ein Hund oder eine Katze......, mmm aber gut war's! Zwischen den Mahlzeiten schlummere ich immer wieder weg.

Samstag, 19. November 2016: Richards Bay
Um 5h00, ich bin so richtig im schönsten Tiefschlaf, werde ich geweckt. Blutdruckmessen! Danach fragt man mich, ob ich Kaffee oder Tee haben möchte. Ja gerne, Tee. Dann darf ich wieder pennen, bis 8h00, bis das Frühstück kommt: ein wenig Rührei und weisse Böhnchen in roter Sauce (habe ich so bestellt, so muss ich nichts schneiden), dazu ein Toast mit Butter und Kaffee oder Tee. Nach dem Frühstück schlummere ich sofort wieder hinüber. Dr. Ragoo hat mir gestern gesagt, er komme noch vorbei, bevor ich um Mittag entlassen werde. Aber er kommt nicht. Irgendwann vor dem Mittagessen kommt eine Schwester und schmeisst lachend einen kleinen Plastiksack auf meinen Nachttisch und sagt: "your medication!" Aha! Ich habe keine Ahnung was das heisst und was das soll! Aber die Schwester ist schon wieder verschwunden. Jetzt gibt es Mittagessen. Pastaauflauf mit Chicken (ich finde zwei Stückchen!), aber sehr gut. Zum Dessert ein Joghurt (habe ich so bestellt). Das Joghurt öffnen und essen, siehe oben! Nach dem Essen ziehe ich mich langsam an, keiner hilft. Beim Abteilungsbüro erkundige ich mich, was das nun mit dieser "your medication!" ist. Also, das sind meine Schmerztabletten und Antibiotika, die man mir mitgibt. Ach sooo! Ja, und wann soll ich zur Kontrolle zu Dr. Ragoo kommen? Er schreibt mir eine SMS, wenn es soweit ist, lautet die Antwort. Nun muss ich zur Reception, meinen Pass und das Portemonnaie abholen. Hier sind die zwei schwarzen Frauen sehr nett und das klappt prima. Die Frau vom Klinik-Restaurant schenkt mir sogar die Zeitung, wo ein (scheussliches) Foto von mir und ein Bericht drin ist. Eine von den Frauen geht für mich ins Labor um die Laboruntersuchung für mich zu bezahlen. Die andere bestellt unterdessen für mich ein Taxi. Freddy, der Fahrer trägt sogar meine Reisetasche zum Auto. Das musste ich bis jetzt immer selber machen! Und er ist erst noch billiger (200 Rand, ca 14 SFr.) als alle anderen und dazu nett! Um 13h15 übergibt er mich und die Tasche auf dem Marinaparkplatz an Paul. Dieser sieht sehr erleichtert aus, dass ich wieder da bin und das bin ich ebenso.
Mein Eindruck von der privaten Clinic: nicht schlecht, aber in den zwei Tagen, die ich dort Patientin war, habe ich kein Wasser gesehen, nur das zum Trinken. Jedesmal, wenn ich zur Toilette bin, habe ich mir schnell am Lavabo das Gesicht gewaschen. Mein Kopfkissen oder die Leintücher wurden kein einziges Mal aufgeschüttelt oder gestreckt.
Den Nachmittag verbringen wir mit einer sehr langen Siesta und abends essen wir zu Feier des Tages im Restaurant "Porkys", direkt vor unserem Steg. Während wir auf das Essen warten, will Paul mir mit meinem Getränk helfen und schmeisst dabei sein noch volles Bierglas um. Sofort eilt das Personal zur Hilfe. Wir bekommen ein neues Tischtuch und Paul ein neues Bier. Beim Bezahlen ist nur ein Bier auf der Rechnung, vorbildlich! Das Restaurant ist heute, 19. November ,voll weihnachtlich geschmückt. Paul isst ein Rumpsteak mit Pommes und Gemüse. Er sagt, er habe schon lange kein so gutes Fleisch mehr gegessen. Für mich gibt es eine Pizza, die ist bereits in Stücke geschnitten und so kann ich sie mit der linken Hand, ohne Hilfe essen. Ich schaffe nur die Hälfte, den Rest packt man mir ein und das wird morgen unser Mittagessen.
Wir fallen beide k.o. in unser Bett.


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